Der nie geküsste Mund

 Elisabeth Dauthendey

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Liebesbeziehungen und deren Störungen

Um einen Menschen ganz kennenzulernen, ist es notwendig, ihn auch in seinen Liebesbeziehungen zu verstehen … Wir müssen von ihm aussagen können, ob er sich in Angelegenheiten der Liebe richtig oder unrichtig verhält, wir müssen feststellen können, warum er in einem Fall geeignet, im anderen Falle ungeeignet ist oder sein würde.
Wenn man außerdem bedenkt, dass von der Lösung des Liebes- und Eheproblems vielleicht der größte Teil des menschlichen Glücks abhängig ist, wird uns sofort klar, dass wir eine Summe der allerschwerstwiegenden Fragen vor uns haben, die den Gegenstand dieses Buches bilden.

Hier geht es weiter …

Der nie geküsste Mund

Die Fenster der kleinen Villa standen ringsum weit offen, als wollten sie die wollüstige Südwärme gierig einsaugen, um gegen die Kälte der Nacht Schutz und Widerstand aufzuspeichern. –

Auf der Loggia, in kostbare Decken gehüllt, lag ein junges Weib. An den Glaswänden hingen die Zweige der gelben chinesischen Kletterrose wie schwere Vorhänge, die das grelle Südlicht zu sanfter Dämmerung abblendeten.

Ena schlief.

Leise erhob sich die Krankenschwester, sah mit einem sorgenden Blick zur Ruhenden hin und huschte weich und lautlos zur Türe hinaus.

Draußen rauschte das Meer. Die dumpfe Kadenz der an das Ufer stoßenden Wellen schwoll und verhauchte in schwermütiger Eintönigkeit und mischte sich mit den schwebenden Düften der Eukalypten und Orangen zu einer seltsamen Melodie voll honigschwerer Süße.

Mit diesem Umkreis tiefgesättigter Schönheit verwob sich die Gestalt des schlafenden Weibes zu einem Zustand atemloser Erwartung. Als harre alles auf den Augenblick, da diese stumm verschlossenen Lider sich auftun würden, um allem umher erst Wirklichkeit und Sein zu geben.

Voll Lockung und Rätsel war dieses Antlitz.

Wie alt mochte es sein?

Es gibt Gesichter, die sehr lange ohne jeden Verrat bleiben auf diese Frage. –

Das Leiden hatte diesen adelsrassigen, bis in die Fingerspitzen vollkommen gebauten Körper mit jener wehen Durchgeistigung umhüllt, welche gleichsam die letzte Idee des zeugenden Lebenswillens zu asketischer Reinheit herausmodelliert. –

Ena schlug die Augen auf.

Es war, als ob düstere Fackeln in einer tiefen Grotte auflohen. Eine schwermütige Unruhe, wie eine vor dem Sturme herwehende Flamme, bebte aus den großen, sammetweichen, von feuchten Glanzlichtern überstrahlten Augen.

Das blauschwarze Haar breitete sich in reicher Fülle wie geheimnisvolle Nachtschatten um das elfenbeinfeine Gesicht, in dem der glührot blühende Mund von einem leisen, welken Zug schmerzlicher Sehnsucht umdunkelt war.

Ena erhob sich mit dem Elan eines raschen, heißen Temperamentes, dem die Hemmungen des inneren Leidens aber sofort die überschätzte Spannung nahmen, so dass die Schritte müder und die Flammen der Augen stiller wurden, als sie sich bis zur Brüstung der Loggia hingeschlichen hatte.

Ena breitete die Arme gegen die blauende Inbrunst des gleißenden Südlichtes, ihre Brust hob und senkte sich und nahm mit tiefer Wollust all die weite Bläue und duftende Wärme in sich auf.

Und Ena sprach mit ihrem Herzen.

– Göttliches – Göttliches bist du, Schönheit –

Wie tust du mir wohl. Meinem wehen Leibe, meinem darbenden Blute – meiner meerestiefen, schmerzhaften Sehnsucht –

O Leben, Leben, bleibe – fliehe nicht vor meinen schwachen Schritten – mein ganzes Sein greift nach dir – ich liebe dich, Leben – Halte still – einen seligen, gewaltigen Augenblick, dass ich dir ins letzte Zeichen deiner abgrundtiefen Lockungen schaue und die Tore endlich offen finde, die du mir so hart verschlossen hältst.

Gehe nicht von mir, – Leben – ehe ich wissend wurde um dich. –

Schon war die Gewalt ihrer weitgespannten Seele wieder zuviel für die vom Leiden untergrabenen Kräfte.

Blass und einer Ohnmacht nahe sank Ena gegen die Säule. Sie fühlte sich von den starken Armen der Schwester zart umfangen und linde und liebevoll zum Lager zurückgenommen.

– Ena, geliebte Ena, lass deine Kraft ruhen – lass alles ruhen in dir und an dir nur in der Ruhe kannst du genesen. –

– Ruhen – Ena stieß das Wort mit furchtbarem Hohn hinaus, – ruhen, ehe man gelebt – ich verzehre mich vor Sehnsucht nach dem Leben, und du sprichst von ruhen – Flammen sind in mir, und ich soll glimmen wie ein ausgelöschtes Licht. –

– Lass die Flammen deiner Seele zum Ewigen aufsteigen, so werden sie sanft gehen wie auf Taubenfüßen. –

– Der Ewige hat mich betrogen. –

Der Tod steht auf der Schwelle, ehe das Leben zu mir kam. –

– Wartet nicht das Leben hinter dem Tode – sagte die Nonne mit erschüttertem Herzen und redete mit ihrem Gotte in ihrer Sprache.

Ein leises Klopfen kam von der Tür. Die Nonne öffnete und ließ den Arzt herein.

Ein kleiner, beweglicher Mann trat ein, verbeugte sich elegant und tänzelte mit leichten Schritten zum Lager hin.

Der ziemlich simple Blick seiner Augen erhielt durch die scharfen Gläser einen intelligenteren Ausdruck, als ihnen zukam, und die hohe Leere über der Stirn rückte auch diese in eine geistigere Region, als sie an sich zu beanspruchen hatte.

Ena grüßte mit den Augen, dann schloss sie sie.

Dieser Mann machte sie durch seinen bloßen Anblick leiden. Die absolute Leere, die ihn umgab, und Stimme und Gesten zu rein automatischen Wirkungen brachte, reizte ihre Sensibilität bis zur Schmerzhaftigkeit. Aber da er ihr als einziger deutscher Arzt am Orte empfohlen war, blieb ihr keine Wahl.

– Komtesse sind heute sehr angegriffen –

– Gestatten, Komtesse, – und er näherte sich, um sie zu untersuchen.

Ena schleuderte einen Flammenblick über ihn hin. –

– Nun dann nicht – sagte er mit einem vergeblichen Versuch, überlegen zu lächeln.

– Hat Sie etwas besonders verstimmt heute? –

– Ist das Leben an sich nicht Verstimmung genug – und meines im besonderen. –

– Es kommt darauf an, wie man’s sieht. Was kann Leben Besseres sein als ein Ruhen auf dem sicheren Grunde, der alle Wünsche erreichen lässt – und Sie brauchen nur zu winken, und alle guten Dinge des Lebens kommen zu Ihnen. –

– Nur das Leben selbst nicht – rief Ena mit greller Stimme, die dem Manne wie ein Peitschenhieb über die Nerven fuhr. –

Er erhob sich. Er fühlte, dass da etwas in tieferen Gründen krank und leidend war, Gründen, zu denen er keinen Zugang hatte, und mit denen sich zu beschäftigen ihm gänzlich fern lag. Das Körperliche war sein Bereich, was ging das übrige ihn an.

– Komtesse ist aufgeregter, als für ihren Zustand gut ist –, sagte er draußen zur wartenden Schwester – ich werde den deutschen Priester schicken, der eben in der Kolonie angekommen ist. –

– Ist es schon so weit – fragte mit angstvoller Stimme die Nonne. –

– Nicht weiter, nicht näher als bisher – aber man kann bei diesen Kranken nie wissen. –

Und damit befreite er sich von dem peinlichen Gefühl einer Verantwortlichkeit für diese leidende Seele, die einen Augenblick wie ein flüchtiger Schatten gegen den leeren Raum seines Geistes angeflogen war.

– Der Kaplan aus der Kolonie will dir seinen Besuch machen – meldete die Nonne einige Tage später.

Ein fliegender Schrecken zuckte über Enas Gesicht.

– Nein – nein, Liebe – er besucht alle Deutschen am Ort. –

Ena atmete auf.

Der Kaplan trat ein.

Hoch, aufrecht, mit festem, von einem starken Willen gemäßigten Schritt kam er heran.

Das dunkle Haupt mit den großen, freien Zügen wirkte düster im ersten Eindruck. Aber das strahlende, fast feierliche Leuchten in den Augen und die bewegliche, nervöse Linie um den von seiner Sinnlichkeit geschwellten Mund hellten jene Dunkelheit auf und brachten einen seltsam aufreizenden Widerspruch in das junge, allzu früh gereifte Angesicht.

Der Priester verbeugte sich weltmännisch sicher und mit geschmeidiger Würde.

Aber das Wort wollte nicht kommen zwischen ihnen.

Beider Blicke blieben ineinander haften. Mit krankhaft fiebernder Hast durchforschten Enas Gedanken diese neue Gestalt. Drangen in die Seele des Mannes. Ließen laute, brennende Fragen zu ihr hinschwirren und suchten die letzte Einsamkeit seines Wesens, um für die Unrast ihrer Qualen eine Schwelle der Ruhe zu finden.

In den Augen des Priesters stand erst ein großes Erstaunen. Er fühlte ein Erwarten, Wollen, in-Besitz-Genommenwerden, gleichsam ein jähes Erkanntwerden in den tiefsten Gründen seiner selbst, gegen das sich alles in ihm sträubte.

Zugleich aber fesselte ihn die flehende Eindringlichkeit dieser Augen, die wie Fackeln das wundervolle Antlitz überstrahlten, in deren überweiter, fiebernder Aufgeschlossenheit das schleichende Siechtum sich verriet, dem es bislang noch nicht gelungen war, diese makellose Schönheit unter seine Beschattung zu zwingen.

Und während dieser widerstreitenden Kreuzungen zwischen seiner verletzten Selbstsicherheit und gespannten Erwartung gingen aus dem heißen Atem des Schweigens ihrer beider Seelen einander entgegen und grüßten sich und wussten umeinander, ehe noch ein Laut zwischen ihnen war, und so kam es, dass, als endlich die Stille überwunden werden musste, er mit viel näheren Worten zu ihr sprach, als ihm vorerst noch zukam. –

– Wir sind beide Fremde hier – sagte er, das gibt uns eine Heimat zueinander. –

Ena lauschte betroffen.

Diese fremde Stimme kam wie aus weiter Ferne und griff doch so warm nach ihr, ihr dunkler Klang hatte etwas von der duftenden Schwere der Südrosen und der herben Weinsüße dieses gebenedeiten Landes.

Und als die ihre wie eine zarte, reine Glocke zu ihm hinübertönte, eine Glocke, die zwischen Erd‘ und Himmel im Raume der ewigen Sehnsucht ihre keuschen, rufenden Klänge hinausbebt, lauschte auch er mit verhaltenem Atem, wie in ein neues Land hinein, zu dem diese Stimme eine schwebende Brücke war.

Ihre Worte sprachen aneinander vorüber, nebeneinander her, ohne sich zu treffen und zu vereinigen. Zu stark war die betäubende Macht, die von Ufer zu Ufer zwischen ihnen hinüber-und herüberströmte, jene geheimnisvolle Macht, die der Tiefe der Persönlichkeit entströmt, wie der erregende Duft erlesener Edelweine.

So hatten sie eigentlich einander nichts gesagt, als der Priester sich verabschiedete. Aber ihre Seelen waren voll voneinander bis zum Rande.

– Zu diesem werde ich reden können – und er ist ein Priester – dachte Ena, und ein friedliches Lächeln senkte sich auf ihre roten, fieberheißen Lippen.

– Endlich sind wir auf dem rechten Wege, – sagte die Nonne leise und küsste Ena auf die Stirn.

Der Priester ging mit seinen starken, ruhenden Schritten durch die köstliche blauende Luft, die den, der sie zum erstenmal schaut, mit tausend Wundern überschüttet, ihm das Eigenste zu seliger Offenbarung werden lässt. Er fühlte seinen Gott so greifbar nahe wie nie zuvor, und eine seltsam befreiende Aufgelöstheit ins All überkam seine Seele und ließ sie durchsichtig werden wie ein Kristall. –

Als sie sich wiedersahen, grüßten sie sich wie solche, die in der Stille ihres Herzens lange Zwiesprache miteinander gehalten.

In Enas Seele zersprang der eiserne Reif, der so lange die Bürde ihres Leibes zu schmerzhafter Qual zusammengepresst hatte. Nach wenigen Tagen lagen alle ihre Wunden ohne Scham und Scheu vor den wissenden Mannesaugen des gottgeweihten Priesters.

Sie fühlten einander nicht Weib noch Mann. Ihre Körper verflüchtigten sich gleichsam an der brennenden Freude aneinander zu einer Essenz der Schönheit, die sie wie eine köstliche Berauschung genossen und welche die Grundtöne ihrer seelischen Zwiesprache mit einer feinen zärtlichen Melodie umspielte.

Er kam nun täglich um die Abendzeit. Priester und Mensch in ihm gleich stark angezogen von der magnetischen Gewalt dieser von unheilbarem Leiden geheimnisvoll umblühten Schönheit.

Eines Abends war es.

Der Priester saß in der lässigen Haltung vornehmer Selbstsicherheit tief in einem der modernen Lehnstühle, die in ihrer raffinierten Stützung gleichsam alle körperliche Schwere aufheben und dem geistigen Fluid vollen Spielraum geben.

Er blickte in das göttliche Bild der abendlichen Landschaft.

Ena ruhte auf dem Lager.

Ihre reine, warme Stimme klang durch den Raum wie weher Glockenlaut. Sie sprach, als rede sie zu sich selbst.

– So bin ich immer einsam gewesen.

Von dem plötzlichen Tode der Meinen wie von einem engen Ring umfasst. Jäh herausgerissen aus einem täglichen Tumult rauschender Betäubungen. Das Leben ahnend in der Bedeutung seiner glühenden Feste, aber nie zu den Altären seiner Opferungen gelangend. –

– Was hinderte Sie, die Leidenschaft zu finden?

– Es war ein seltsam Doppelspiel in mir. Neben dem qualvoll brennenden Durst nach dem Lebenstrank die zageste Scheu vor dem Becher, aus dem ich trinken sollte. Ein Grauen vor dem Manne und ein Zwang zu ihm; zwischen diesen beiden Gewalten zu einer scheinbaren Kälte verdammt, die mich glühende Qualen erdulden ließ. –

Hätte ich Ihre Religion, wäre ich zu den Altären Gottes geflüchtet, um in den Ekstasen der Seele die des Blutes zu vergessen. –

Der Priester erschrak. Die zarte, lilienreine Stimme wurde plötzlich seltsam dunkel. Wie purpurrote Blutwellen brandete sie zu ihm hin.

Er blieb eingehüllt in seinem Schweigen. Er fühlte, der letzte Schrei ihrer todwunden Qual wollte sich aus der Tiefe lösen. Vielleicht brachte dieser die Erlösung, dass er dann der vom Kampf ermatteten Seele mit der Wärme seines tiefen Mitleids beistehen konnte.

– Denn ich fand den goldnen Becher nicht, aus dem zu trinken mich gelüstet hätte. –

Und nun – nun steht der Tod an der Schwelle und greift nach meinem Leben – ehe ich das Leben erkannte – sein flammendes Geheimnis soll sich mir nie enthüllen – dieser Zwiespalt bringt mich dem Wahnsinn nahe –

Ena erhob sich von dem Lager.

Wie getragen von der kreisenden Erregung ihres Blutes, trat sie hoch aufgerichtet vor den Priester hin.

Auch der Priester erhob sich.

Selbstvergessen, wie schlafwandelnd, mit starren, weit geöffneten Augen blickte Ena ihn an. Dann flog ein heißes Erschrecken über ihre Züge, als fühle sie plötzlich, dass sie nicht nur zum Priester gesprochen habe –

In jäher Erschütterung erkannte sie in diesem Augenblick den Mann in ihm. –

Eine jagende Blutwelle überstürzte das starre, bleiche Gesicht. Aus den Augen strömte ein wunderbares Licht, als seien die Schleusen der Seele bis in die tiefsten Quellen aufgebrochen. Die ganze Gestalt war gleichsam eine glühende Fackel, die, von unwiderstehlicher Leidenschaft entfacht, in keuscher Herrlichkeit aufloderte. –

Der Priester erbebte.

Regungslos standen ihre Blicke in den seinen. Auf Gnade und Ungnade seiner Antwort hingegeben.

Dem Meister der Sprache kamen keine Worte.

Wie ein Abgrund war es zwischen ihnen, in den ein Hauch des Mundes sie stürzen konnte.

Mit einem Ton konnte er diese fliehende Seele töten.

Mit einer Erbarmung ihr den Frieden geben.

Einen Augenblick war die Stille des Todes zwischen ihnen.

Ein Ringen und Beten durchdrang die starke, keusche Seele des Priesters.

Er breitete die Arme aus.

Und wie unter einer überreifen Qual zusammenbrechend, glitt das Weib in heißem Erschauern an seine Brust.

Da sprangen auch in ihm die verschütteten Brunnen der seligsten Lebensströme auf.

Der nie geküsste Mund des Weibes erblühte an seinen Lippen.

Alle kranke Sehnsucht rauschte in glühenden Garben auf. Tiefe Süßigkeit des Friedens breitete sich über das schöne Angesicht. Ein Lächeln von hinreißendem Zauber durchleuchtete die vollkommenen Züge, die, aller Erdenhaftigkeit entrückt, in der heiligen Reinheit ihrer göttlichen Entstammung strahlten.

Plötzlich flog ein jähes Erblassen über sie hin.

Ein kurzes, schweres Aufatmen.

Dann war das Leben erlöscht. – –

Mit zarten Händen ordnete der Priester alle äußere Unruhe an dem stillen, sanften Körper.

Sah noch einmal mit aufleuchtendem Blicke zu dem überirdisch lieblichen Lächeln, von dem das Antlitz in süßester Holdseligkeit übergossen war.

Dann ging er seinen Weg. –

Nahm noch mit allen Kräften die Gattesherrlichkeit der Wunderwelt des blauenden Südens in seine schönheitstrunkene Seele.

Jahre der bittersten Sehnsucht hatten hier endlich ihre Erfüllung gefunden.

Einige wenige kurze Tage war er mit dankender Demut untergetaucht in diesem brausenden Meere endloser Seligkeiten.

Und jetzt gab es nur eines für ihn. Jeder Schönheit bar musste von nun ab sein Leben sein.

Dem Gesetze, das er freien Willens selbst über sich verhängt, musste volles Genügen geschehen. Wenn auch im Letzten seiner selbst der Freispruch höchster Erkenntnis ihn jeder Schuld entband.

Seinem Beichtiger unterwarf er sein Verfehlen.

Und nahm stark und duldsam die Buße auf sich, um die er selbst gebeten.

In der unwirtsamen Gegend eines nordischen Berglandes, hoch über dem warmen Leben der Menschen, blieb er fürder für Jahre ausgeschlossen von jedem und allem, dessen sein Geist und sein Wille bedurfte.

Arm, leer und streng gingen seine Tage von ihm. Arm, leer und streng kamen seine Nächte zu ihm.

Aber im Allerheiligsten seines Wesens blieb ein seltsam keusches Licht, das von der Erinnerung an das süße, holde Lächeln der Erlösung des nie geküssten Mundes ausstrahlte. Und ob er gleich schuldig geworden, konnte er nie jemals auch nur die leiseste Reue empfinden.

An den harten Pfahl der Buße band er seine Schuld.

Sein Herz aber hielt Zwiesprache mit dem höchsten Erbarmer, dessen Antwort ihm aus dem keuschen Lächeln der Toten entsühnend in jene Tiefe gedrungen war, wo der letzte Richterspruch uns bindet oder löst.

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