Zwischen den Zeilen der Geschichte – Nikoletta Kiss’ „Rückkehr nach Budapest“**

In ihrem zweiten Roman „Rückkehr nach Budapest“ entführt Nikoletta Kiss die Leser in die 1980er Jahre und beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen Vertrauen und Verrat durch die Geschichten dreier Protagonisten. Die Erzählung verwebt persönliche Schicksale mit den gesellschaftlichen Spannungen eines untergehenden Systems und zeichnet ein eindringliches Bild der Zeit.

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Der Mann, der Wunder vollbringen konnte und Der Maschinenmensch von Ardathia / Der Todesstaub / Der Gesandte der Aliens von H.G. Wells, Francis Flagg, Arthur Leo Zagat, Malcolm Jameson

Die Titel-Geschichte ist ein Beispiel für die große zeitgenössische Fantasy.Sie stellt als Fantasy-Prämisse (einen Zauberer mit enormer, praktisch unbegrenzter magischer Kraft) nicht in eine exotische, halbmittelalterliche Kulisse, sondern in den tristen Routinealltag des Londoner Vorstadtlebens, die dem Autor Wells selbst sehr vertraut ist.
In einem englischen Wirtshaus behauptet George McWhirter Fotheringay während einer Auseinandersetzungenergisch die Unmöglichkeit von Wundern. Zur Demonstration lässt Fotheringay zu seinem eigenen Erstaunen eine Öllampe kopfüber brennen. Seine Bekannten halten es für einen Trick und lehnen seine Vorführung schnell ab.
Fotheringay erforscht nun seine neue Macht. Nachdem er seine täglichen Aufgaben als Büroangestellter auf magische Weise erledigt hat, geht Fotheringay früh in einen Park, um weiter zu üben. Er begegnet einem örtlichen Wachtmeister. In der darauf folgenden Auseinandersetzung schickt Fotheringay den Polizisten unbeabsichtigterweise in den Hades. …
Die Idee der Geschichte diente dem Regisseur Terry Jones als Grundlage für seinen Film Absolutely Anything aus dem Jahr 2015.
Insgesamt vier erstaunliche Geschichten von den großen Pionieren der modernen Science-Fiction-Literatur in neuer Übersetzung, die es wert sind zu lesen.

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Liebesbeziehungen und deren Störungen

Um einen Menschen ganz kennenzulernen, ist es notwendig, ihn auch in seinen Liebesbeziehungen zu verstehen … Wir müssen von ihm aussagen können, ob er sich in Angelegenheiten der Liebe richtig oder unrichtig verhält, wir müssen feststellen können, warum er in einem Fall geeignet, im anderen Falle ungeeignet ist oder sein würde.
Wenn man außerdem bedenkt, dass von der Lösung des Liebes- und Eheproblems vielleicht der größte Teil des menschlichen Glücks abhängig ist, wird uns sofort klar, dass wir eine Summe der allerschwerstwiegenden Fragen vor uns haben, die den Gegenstand dieses Buches bilden.

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Das grausige Hobby von Sir Joseph Londe

„Was für einen Unfug wollen Sie von mir?“, fragte Daniel – vergeblich versuchte er, sich aufzusetzen.
„Nur um einen Blick auf Ihr Gehirn zu werfen“, war die angenehme Antwort.
„Mein – mein was?“ Daniel keuchte.
„Ihr Gehirn“, wiederholte der andere, nahm eines der Messer aus der Schachtel und untersuchte es kritisch. „Übrigens, Sie wissen natürlich, wer ich bin? Ich bin Sir Joseph Londe, der größte Chirurg der Welt. Ich habe mehr Operationen durchgeführt, als es Sterne am Himmel gibt. Leider wurde eines Tages ein kleiner Teil meines Gehirns rot. … Solange ich diesen kleinen Teil des roten Gehirns nicht ersetzen kann, bin ich verrückt. …. In Sie habe ich jedoch absolutes Vertrauen.“
„Wie wollen Sie an mein Gehirn rankommen?“ Daniel fand die Kraft zu fragen.
„Ich will es natürlich herausschneiden“, erklärte der andere. „Sie brauchen nicht die geringste Angst zu haben. Ich bin der beste Operator der Welt.“
„Und was machen Sie danach mit mir?“
Der Chirurg kicherte.
„Ich begrabe Sie im Steingarten“, antwortete er. „Ich nenne ihn meinen Friedhof. Wenn Sie jetzt so freundlich wären, ganz still zu bleiben …“
Das ist ein kurzer Textausschnitt aus dem Buch, das Spannung und einen besonderen Lesegenuss verspricht.

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Die Hauptfiguren, Márta und Terézia, sind Cousinen, die eine enge Bindung von Kindheit an teilen. Ihre Väter sind Brüder, und die Mädchen verbringen zahlreiche Sommer gemeinsam am Plattensee, wo die Familienhäuser nur durch ein Grundstück voneinander getrennt sind. Während die Eltern von Márta mit Problemen in ihrer Ehe zu kämpfen haben, wird das Leben von Terézia, die sich in Theresa umbenennt, durch den Umzug ihres Vaters zur ungarischen Botschaft in Ostberlin auf den Kopf gestellt. Fortan treffen sich die beiden nur noch während der Sommerferien, was die Dynamik ihrer Beziehung verändert.

Márta ist von den Schwierigkeiten in ihrer Familie stark betroffen, insbesondere durch den Alkoholismus ihres Vaters. Diese Situation führt dazu, dass sie sich irgendwann zu einer Flucht entschließt: Sie zieht zu Theresa nach Ostberlin, wo diese einen lebhaften Freundeskreis pflegt. Theresa träumt davon, Schriftstellerin zu werden, und umgibt sich mit kritischen Denkern und Künstlern, die gegen die repressive Atmosphäre der DDR ankämpfen. Zu diesen gehört der aufstrebende Dichter Konstantin Berger, der mit seinen Arbeiten in der westlichen Literaturszene bereits Schlagzeilen gemacht hat. Der erste Aufeinandertreffen zwischen Konstantin und Márta geschieht im Rahmen einer illegalen Lesung, und es entsteht sofort eine magnetische Anziehung zwischen ihnen.

Márta ist schüchtern und zurückhaltend, während Theresa extrovertiert und selbstbewusst auftritt. Diese Unterschiede in ihrer Persönlichkeit beeinflussen die Dynamik zwischen den beiden Cousinen und Konstantin. Während Theresa die erste ist, die Konstantins Aufmerksamkeit auf sich zieht, beginnt auch Márta, sich Hoffnung auf eine Verbindung zu ihm zu machen. Sie träumt heimlich von einer Beziehung mit dem talentierten Dichter, was zu einem inneren Konflikt führt, da sie gleichzeitig die enge Beziehung zu ihrer Cousine bewahren möchte.

Die Geschichte entfaltet sich weiter, als Márta nach Ungarn zurückkehrt und ein Germanistikstudium beginnt. Während dieser Zeit entwickelt sich ein reger Briefwechsel zwischen ihr und Konstantin, den sie geheim hält, um Theresa nicht zu verletzen. Diese Geheimhaltung ist jedoch nicht ohne Folgen. Als Theresa beschließt, hinter Konstantins Rücken mit einem Verlag über die Veröffentlichung seines Manuskripts zu verhandeln, gerät die Situation außer Kontrolle. Das Manuskript behandelt Konstantins traumatische Erfahrungen in einem DDR-Jugendwerkhof und birgt Risiken, die nicht nur Theresa, sondern auch Márta in große Gefahr bringen.

Kiss’ Erzählweise ist sensibel und präzise, sie gelingt es, die emotionale Komplexität der Charaktere und ihrer Entscheidungen herauszuarbeiten. Die Autorin verarbeitet in diesem Roman auch eigene Erlebnisse, die sie in der DDR als Kind von ungarischen Eltern gemacht hat. Ihre Erinnerungen an die Zeit und die damit verbundenen Gefühle fließen in die Geschichte ein und verleihen ihr Authentizität.

„Rückkehr nach Budapest“ ist nicht nur eine fesselnde Liebesgeschichte, sondern auch eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den Themen Identität, Freiheit und die Konsequenzen von Entscheidungen in einer von Misstrauen und Überwachung geprägten Gesellschaft. Kiss beleuchtet die Naivität ihrer Protagonisten, die trotz ihrer besten Absichten die Gefahren ihres Handelns unterschätzen. In diesem Spannungsfeld zwischen persönlichem Glück und der Verantwortung gegenüber anderen, insbesondere in einem repressiven System, entfaltet sich die Dramatik der Geschichte.

Der Roman ist ein einfühlsames Porträt einer Zeit, in der das Streben nach Freiheit und die Suche nach einem Platz in der Gesellschaft für viele Künstler und Intellektuelle zur Herausforderung wurden. Nikoletta Kiss gelingt es, die Atmosphäre dieser Epoche lebendig werden zu lassen und die inneren Konflikte ihrer Figuren nachvollziehbar zu machen. Durch die Verknüpfung von persönlichen Schicksalen mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entsteht ein eindrucksvolles Bild einer Generation, die zwischen Hoffnung und Verzweiflung um ihre Stimme kämpft.