Maruša Kreses Debütroman „Trotz Alledem“ ist ein eindringliches literarisches Werk, das die unerschütterliche Lebensbejahung zweier Partisanen im Kontext des Zweiten Weltkriegs und der darauffolgenden politischen Umbrüche in Jugoslawien thematisiert. Der Roman, der 2012 im Original erschien und 2023 in deutscher Übersetzung von Liza Linde veröffentlicht wurde, verdichtet die tragische Geschichte einer ganzen Generation in einer fesselnden Doppelbiografie. Kreses Erzählung beginnt in den turbulenten Zeiten des Krieges in Slowenien und entfaltet sich über mehrere Jahrzehnte bis in die Gegenwart.
Im Mittelpunkt stehen zwei namenlose Protagonisten, deren Schicksale eng miteinander verwoben sind. Ihre Lebensgeschichte spiegelt die Hoffnungen und Enttäuschungen wider, die im Zuge der Gründung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien entstanden sind. Kaum haben sie den Krieg überlebt, müssen sie sich auch den Herausforderungen der Nachkriegszeit stellen, die nicht das erhoffte Glück, sondern Ernüchterung mit sich bringt. Kreses eigene Biografie – geboren 1947 und erst im Alter von 65 Jahren als Autorin aktiv – verleiht der Erzählung eine einzigartige Perspektive auf die politischen und sozialen Umwälzungen, die das ehemalige Jugoslawien geprägt haben.
Die narrative Struktur des Romans ist bemerkenswert. Kreses gelingt es, auf lediglich 236 Seiten eine umfassende Geschichte zu erzählen, die von den Anfängen des Krieges bis hin zu den Konflikten der 1990er Jahre reicht. Die beiden Hauptfiguren heiraten, gründen eine Familie und durchleben die Höhen und Tiefen des Lebens. Dabei wechselt die Erzählperspektive zwischen ihnen, was durch visuell getrennte Absätze signalisiert wird. Diese Technik schafft eine dynamische Erzählweise, die den Leser dazu zwingt, aufmerksam zu bleiben und die fesselnde Verflechtung der beiden Lebensgeschichten zu erkennen.
Ein zentrales Motiv des Romans ist die Erfahrung des Krieges, die Kreses eindrucksvoll mit einer knappen, fast telegrammartigen Sprache schildert. Diese stilistische Entscheidung trägt zur Schaffung einer bedrängenden Atmosphären bei und spiegelt die innere Zerrissenheit der Figuren wider. Auf eindringliche Weise bringt sie die Schrecken des Krieges zum Ausdruck: „Ich sitze auf einem Felsen. Um mich herum lauter Leichen… Bin ich zur Maschine geworden? Was bin ich? Wer bin ich?“. Diese Fragen, die zunächst als philosophische Reflexionen erscheinen, offenbaren die verzweifelte Suche der Charaktere nach Identität und Menschlichkeit inmitten des Chaos.
Die Erzählung entwickelt sich weiter, indem sie die Perspektive der Tochter der Protagonisten einbezieht. Diese narrative Erweiterung führt dazu, dass die Geschichten der Eltern durch die Augen der nächsten Generation neu interpretiert werden. Der Perspektivwechsel, der anfangs eine gewisse Verwirrung stiftet, verstärkt die Verbindung zwischen den Charakteren und thematisiert die fortwährende Suche nach Identität und Zugehörigkeit. Die Namenslosigkeit der Figuren trägt zur universellen Dimension des Romans bei, indem sie den Fokus auf das gemeinsame Schicksal der Menschen in Kriegszeiten lenkt.
Trotz der bedrückenden Thematik schafft Kreses es, eine tiefe Lebensbejahung in ihre Geschichte einzuflechten. Die Figuren, geprägt von Verlust und Schmerz, halten an ihren Erinnerungen fest und umarmen die positiven Aspekte des Lebens. Die Sehnsucht nach einem besseren Morgen, symbolisiert durch das Bild des Meeres, wird zu einem durchgängigen Motiv. Das Meer wird zum Sehnsuchtsort, der Hoffnung und Trost verspricht. Diese Metapher unterstreicht die paradoxe Situation der Protagonisten: Sie leben in ständiger Bewegung, immer auf der Suche nach Frieden und Glück, ohne je wirklich anzukommen.
Die Erzählweise Kreses ist sowohl herausfordernd als auch belohnend. Die strukturellen Sprünge und der fragmentierte Stil verlangen vom Leser Aufmerksamkeit, bieten jedoch eine intensive Leseerfahrung. Der Roman thematisiert nicht nur den Krieg, sondern auch die menschliche Fähigkeit zur Resilienz und zur Hoffnung. Trotz der Widrigkeiten des Lebens bleibt der unerschütterliche Glaube an das Gute bestehen – „Trotz alledem“.
Insgesamt gelingt es Maruša Krese in ihrem Roman, die Komplexität des menschlichen Lebens in Zeiten von Krieg und Frieden auf eindrucksvolle Weise dar