Abenteuer und Erinnerungen: Cordt Schnibbens „Lila Eule“ als deutsch-deutsche Erzählung**

Der Roman „Lila Eule“ von Cordt Schnibben, ehemaliger Ressortleiter beim Spiegel, wird als eine spannende und facettenreiche Erzählung beschrieben, die sowohl eine Liebesgeschichte als auch einen Agententhriller in sich vereint. Auf über 500 Seiten entführt Schnibben die Leser in die turbulente Zeit der 1970er Jahre und beleuchtet die deutsch-deutsche Teilung durch die Augen seines Ich-Erzählers, der auf der Suche nach Freiheit und Identität ist.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1972, als der Protagonist, der nach dem Tod seiner Mutter bei einem nach wie vor in der Vergangenheit lebenden Vater aufwächst, in Bremen lebt. Sein Leben in der westdeutschen Stadt erscheint ihm als zu bieder und langweilig. Die einzige Ausnahme ist die Kneipe „Blaue Eule“ und der berühmte Beatclub, die ihm als Rückzugsorte dienen. Motiviert von einer Mischung aus Abenteuerlust und dem Wunsch, den sozialistischen Traum in der DDR zu erleben, entschließt sich der Erzähler, in den Osten zu ziehen.

Der Aufenthalt in der DDR ist jedoch von Anfang an von Schwierigkeiten geprägt. Der Protagonist, der nicht auf den Konsum von Drogen verzichten kann, vor allem nicht auf LSD, gerät schnell mit den Behörden in Konflikt. Die Stasi, die allgegenwärtige Geheimpolizei, hat ein wachsames Auge auf ihn, und nach mehreren Verhören wird er schließlich aus der DDR ausgewiesen. Besonders schmerzhaft ist für ihn der Abschied von Mara, seiner Geliebten und Tochter eines hohen Stasi-Offiziers, die er zurücklassen muss.

Fast zwei Jahrzehnte später, im Jahr 1989, steht der Erzähler als Journalist im Westen wieder am Wendepunkt der Geschichte. Inmitten der politischen Umwälzungen und der Wiedervereinigung wird er beauftragt, über die Ereignisse in der DDR zu berichten. Gleichzeitig wird seine nie ganz abgeschlossene Liebesgeschichte mit Mara wieder lebendig, als er einen Brief von ihr erhält, in dem sie versucht, ihre Entscheidungen aus der Zeit der Teilung zu erklären.

Schnibbens Erzählweise ist geprägt von einem lebhaften und oft humorvollen Stil, der es ihm ermöglicht, nostalgische Erinnerungen an die Kultur und Musik der 1970er Jahre einzuflechten. Die zahlreichen Anspielungen auf Musik, Filme und gesellschaftliche Ereignisse jener Zeit verleihen der Geschichte eine besondere Tiefe. Eine ausführliche Playlist am Ende des Buches erinnert an die Hits dieser Dekade und spiegelt die kulturellen Einflüsse wider, die das Leben der Protagonisten geprägt haben.

Dennoch weist die Kritikerin der Süddeutschen Zeitung darauf hin, dass der Roman in seiner Struktur und Erzählweise manchmal etwas überladen wirkt. Während einige Leser die vielen Abschweifungen und nostalgischen Rückblicke als Bereicherung empfinden, kann es für andere auch als langatmig erscheinen. Der Autor versucht, die persönliche Geschichte des Ich-Erzählers mit der großen politischen Historie zu verknüpfen, was in einigen Passagen zu einer Überfrachtung des Textes führt.

Ein zentrales Thema des Romans ist die Suche des Protagonisten nach Abenteuer und Freiheit, was sich in der Aussage „Mich reizt das Abenteuer, nicht die SED“ widerspiegelt. Diese Perspektive ist nicht nur eine Reflexion über die persönlichen Erfahrungen des Erzählers, sondern auch über die gesellschaftlichen Strömungen jener Zeit. Die spannende Erzählung ist somit nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern auch ein Kommentar zur politischen Realität und den Herausforderungen, die sich aus einer geteilten Nation ergeben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Lila Eule“ von Cordt Schnibben eine facettenreiche Erzählung ist, die das Leben und die Sehnsüchte eines jungen Mannes in einer gespaltenen Welt einfängt. Es ist eine Geschichte über Liebe, Verlust und die Suche nach dem eigenen Platz in einer sich ständig verändernden Gesellschaft. Schnibbens Roman lädt seine Leser dazu ein, in die Vergangenheit einzutauchen und gleichzeitig über die zeitlosen Themen von Freiheit und Identität nachzudenken.