Poetische Freundschaft im Saarland – Katrin Askans „Dichter“ als Hommage an das Leben und Werk zwei…

In ihrem Roman „Dichter“ gewährt die Autorin Katrin Askan einen tiefen Einblick in die besondere Freundschaft zwischen zwei Männern aus dem Saarland: Johannes Kühn, einem begabten Dichter, und Benno Rech, einem Lehrer und Mentor. Die Erzählung entfaltet sich vor dem Hintergrund ihrer langen Verbundenheit und beleuchtet die Herausforderungen und Freuden, die sie im Laufe von mehr als 75 Jahren teilen. Der Roman ist nicht nur eine Hommage an die beiden Protagonisten, sondern auch ein vielschichtiges Porträt ihrer Lebensrealitäten, ihrer künstlerischen Bestrebungen und ihrer untrennbaren Verbindung.

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Das grausige Hobby von Sir Joseph Londe

„Was für einen Unfug wollen Sie von mir?“, fragte Daniel – vergeblich versuchte er, sich aufzusetzen.
„Nur um einen Blick auf Ihr Gehirn zu werfen“, war die angenehme Antwort.
„Mein – mein was?“ Daniel keuchte.
„Ihr Gehirn“, wiederholte der andere, nahm eines der Messer aus der Schachtel und untersuchte es kritisch. „Übrigens, Sie wissen natürlich, wer ich bin? Ich bin Sir Joseph Londe, der größte Chirurg der Welt. Ich habe mehr Operationen durchgeführt, als es Sterne am Himmel gibt. Leider wurde eines Tages ein kleiner Teil meines Gehirns rot. … Solange ich diesen kleinen Teil des roten Gehirns nicht ersetzen kann, bin ich verrückt. …. In Sie habe ich jedoch absolutes Vertrauen.“
„Wie wollen Sie an mein Gehirn rankommen?“ Daniel fand die Kraft zu fragen.
„Ich will es natürlich herausschneiden“, erklärte der andere. „Sie brauchen nicht die geringste Angst zu haben. Ich bin der beste Operator der Welt.“
„Und was machen Sie danach mit mir?“
Der Chirurg kicherte.
„Ich begrabe Sie im Steingarten“, antwortete er. „Ich nenne ihn meinen Friedhof. Wenn Sie jetzt so freundlich wären, ganz still zu bleiben …“
Das ist ein kurzer Textausschnitt aus dem Buch, das Spannung und einen besonderen Lesegenuss verspricht.

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Die Geschichte beginnt in den Nachkriegsjahren 1948, als die beiden Protagonisten als Schüler in einer Missionsschule aufeinandertreffen. Sie stammen aus bescheidenen Verhältnissen, beide aus Bergarbeiterfamilien, und entdecken schnell ihre gemeinsame Leidenschaft für Literatur und Poesie. Johannes offenbart Benno, dass er selbst Gedichte schreibt, was Benno mit einer Mischung aus Bewunderung und dem Drang, seinen Freund zu unterstützen, begegnet. Diese Dynamik zwischen den beiden – der künstlerisch begabte, aber verletzliche Johannes und der bodenständige Benno, der als sein Unterstützer fungiert – bildet den Kern ihrer Freundschaft.

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelt sich eine komplexe Beziehung, die von gegenseitiger Unterstützung geprägt ist. Während Benno in seinem Beruf als Lehrer aufsteigt und eine Familie gründet, kämpft Johannes mit psychischen Problemen, die seine Lebensqualität stark beeinträchtigen. Askan beschreibt eindringlich, wie Johannes trotz seiner Schwierigkeiten weiterhin das Bedürfnis verspürt, als Dichter aktiv zu bleiben. Er sieht sich selbst als Bergmann der Worte, der täglich neue Gedichte erschaffen muss. Diese Metapher verdeutlicht nicht nur seine Leidenschaft für das Schreiben, sondern auch den inneren Druck, den er aufgrund seiner künstlerischen Ambitionen empfindet.

Die Autorin schildert auch Bennos unermüdlichen Einsatz, um Johannes zu unterstützen. Er fungiert als Bindeglied zwischen Johannes und der literarischen Welt, indem er Verlage und Literaturkreise auf ihn aufmerksam macht. Ihr gegenseitiges Engagement wird zum Lebensinhalt für beide Männer, wobei der Roman zeigt, wie sehr ihre Schicksale miteinander verwoben sind. Dies führt zu tiefgreifenden Reflexionen über Kunst, Freundschaft und die Verantwortung, die sie füreinander tragen.

Askan gelingt es, die Biographien der beiden Protagonisten differenziert darzustellen. Während Benno ein erfülltes Leben in der Bildungswelt führt und gesellschaftlich anerkannt wird, bleibt Johannes oft im Schatten seiner eigenen Schaffenskrise. Die Autorin thematisiert auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die beiden Männern mit unterschiedlichen Ausgangspunkten und Lebenswegen begegnen. So wird die Kluft zwischen ihrem Lebensstandard und ihren künstlerischen Ambitionen deutlich, was die Herausforderungen für Johannes verstärkt, der sich in seiner Rolle als Dichter oft isoliert fühlt.

Ein zentrales Thema des Romans ist die Untrennbarkeit der beiden Freundschaften und die spürbare Verantwortung, die sie füreinander empfinden. Askan beschreibt, wie Benno und seine Frau Irmgard Johannes regelmäßig besuchen, um ihn zu unterstützen, selbst während seiner schwierigsten Zeiten. Es wird deutlich, dass diese Besuche für Johannes von entscheidender Bedeutung sind, um sein kreatives Schaffen aufrechtzuerhalten und seine psychischen Herausforderungen zu bewältigen.

Die Erzählstruktur des Romans ist geschickt angelegt. Sie wechselt zwischen der chronologischen Schilderung der Freundschaft und einer zeitgenössischen Perspektive, die die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart reflektiert. Diese zweite Erzählebene gibt dem Leser einen Einblick in die Herausforderungen, mit denen die Protagonisten im Alter konfrontiert sind, und die Dynamik ihrer Beziehung im Kontext der Vergänglichkeit.

Am Ende des Romans, als beide Protagonisten im gleichen Pflegeheim leben, wird die tiefe Verbundenheit zwischen ihnen noch einmal deutlich. Ihre Lebenswege, die so unterschiedlich begonnen haben, kreuzen sich erneut in einem Moment der Stille und des Verständnisses. Johannes und Benno teilen nicht nur ihre Vergangenheit, sondern auch das Bewusstsein, dass sie ein Leben lang füreinander da waren.

Katrin Askans „Dichter“ ist mehr als nur die Geschichte zweier Männer; es ist eine bewegende Erzählung über Freundschaft, Kunst und die Herausforderungen des Lebens. Die Autorin gelingt es, eine Atmosphäre zu schaffen, die sowohl intim als auch universell ist, und lässt den