Die Dichterzimmer in Weimar stellen einen kulturellen Höhepunkt für Literaturbegeisterte dar und sind bekannt für ihre historische und künstlerische Bedeutung. Eine neue Publikation bringt Licht in die Entwicklung und Ausstattung dieser einzigartigen Räume, die von 1835 bis 1848 im Westflügel des Weimarer Residenzschlosses entstanden sind. Diese Räume sind nicht nur ein Denkmal für die Weimarer Klassik, sondern auch ein faszinierendes Zeugnis der damaligen Zeit.
Die Idee, diese Gedenkzimmer zu schaffen, kam auf, nachdem Johann Wolfgang von Goethe 1832 verstorben war. Der Wunsch, die Erinnerungen an die großen Dichter der Weimarer Klassik – Goethe, Friedrich von Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder – lebendig zu halten, wurde von der Weimarer Fürstenfamilie gefördert. Diese hatte die Literaten nicht nur persönlich gekannt, sondern auch deren Einfluss auf die Kultur der Region erkannt. Großherzogin Maria Pawlowna, die als russische Zarentochter in Weimar lebte, spielte eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung dieses Projekts. Sie stellte Räume zur Verfügung, die der Schaffung von Memorialzimmern gewidmet waren, und trug maßgeblich zu deren Finanzierung bei.
Die Planung und Ausgestaltung der Dichterzimmer begann 1836. In diesen Räumen sollten nicht nur die Dichter geehrt werden, sondern auch Meisterwerke der Kunst präsentiert werden. Zu den Exponaten zählten Büsten, Skulpturen und andere Kunstwerke, die aus bedeutenden venezianischen Sammlungen stammen. Die Dichterzimmer repräsentieren ein bemerkenswertes Zusammenspiel von Künstlern, Handwerkern und Innenarchitekten, die gemeinsam an der Schaffung dieser Erinnerungsorte arbeiteten.
Die neu erschienene Publikation „Dichterzimmer“ aus dem Deutschen Kunstverlag bietet einen umfassenden Einblick in die Gestaltung und den historischen Kontext dieser Räume. Sie beschreibt die fensterlose Schillertreppe, die als Zugang zu den Dichterzimmern dient, sowie die vier thematisch gestalteten Räume, die den Klassikern gewidmet sind. Der Band beleuchtet auch die Schlosskapelle, die zwischen 1844 und 1847 für die Großherzogliche Familie erbaut wurde. Die ursprünglichen Entwürfe stammen von dem renommierten Architekten Karl Friedrich Schinkel, dessen Ideen von talentierten Malern in die Praxis umgesetzt wurden.
Die Wände der Dichterzimmer sind mit eindrucksvollen Wandmalereien im spät-nazarenischen Stil geschmückt, die Szenen aus den Werken der großen Dichter zeigen. Diese Kunstwerke sind nicht nur von historischer Bedeutung, sondern auch ein Beispiel für die Verbindung von Literatur und bildender Kunst. Die Darstellung klassischer Dramen und Gedichte in diesen Räumen spiegelt die literarische Blütezeit der Weimarer Klassik wider.
Die Geschichte der Dichterzimmer ist von zahlreichen Wendungen geprägt. Bereits kurz nach ihrer Fertigstellung 1848 öffneten sie ihre Türen für Besucher und wurden schnell zu einem beliebten Ziel für Reisende. Mit der Zeit stieg die Zahl der Besucher so stark an, dass Eintrittskarten ausgegeben werden mussten. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Thronverzicht des letzten Großherzogs wurde die Schlossanlage in ein Museum umgewandelt. Während der NS-Zeit wurden die Zimmer zeitweise für Propagandazwecke genutzt, doch sie überstanden den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet.
In der Zeit der DDR war der Zugang zu den Dichterzimmern aufgrund von Ressourcenmangel und unzureichender Aufsicht stark eingeschränkt. Erst nach der Wiedervereinigung Deutschlands erlebten die Zimmer eine umfassende Restaurierung. Seit den frühen 2000er Jahren hat die Klassik Stiftung Weimar die Räume in mehreren Etappen renoviert, sodass sie heute in ihrer originalen Pracht besichtigt werden können.
Die neue Publikation ist Teil der Reihe „Im Fokus“, die sich mit verschiedenen Orten der Klassik Stiftung Weimar beschäftigt. Sie bietet nicht nur eine reich illustrierte Darstellung der Dichterzimmer, sondern enthält auch wissenschaftliche Beiträge von anerkannten Kunsthistorikern. Mit ihren erklärenden Abbildungen und einer kurz gefassten Chronologie stellt das Buch eine wertvolle Ressource für Besucher und Literaturinteressierte dar, die mehr über die Weimarer Klassik und ihre bedeutenden Vertreter erfahren möchten.
Insgesamt laden die Dichterzimmer dazu ein, in die Welt der Weimarer Klassiker einzutauchen und das literarische Erbe zu würdigen, das bis heute lebendig ist.