Die Last der Erinnerungen – Alex Schulmans eindringliche Auseinandersetzung mit dem Alkoholismus se…

In seinem kraftvollen Werk „Vergiss mich“ bietet der schwedische Autor Alex Schulman einen tiefberührenden Einblick in die Thematik des Alkoholismus, insbesondere durch die Linse seiner persönlichen Erfahrungen mit seiner Mutter. Dieser autobiografische Text, der im Jahr 2016 veröffentlicht wurde, stellt nicht nur die Herausforderungen dar, die Sucht mit sich bringt, sondern beleuchtet auch die komplexen familiären Dynamiken, die durch diese Krankheit verstärkt werden.

Schulman, bekannt für seine journalistischen Arbeiten und Romane, hat sich mit „Vergiss mich“ einen Namen gemacht. Der Autor verwendet einen homodiegetischen Erzählstil, was bedeutet, dass er die Geschichte aus seiner eigenen Perspektive erzählt und dabei seine Familienmitglieder namentlich benennt. Dies gibt dem Leser eine eindringliche und authentische Verbindung zu den Geschehnissen. Der Titel selbst, eine eindringliche Bitte seiner Mutter Lisette, wird zum Leitmotiv des Textes und verdeutlicht die tiefe Traurigkeit und Verzweiflung, die ihren Alkoholismus umgibt.

Die Erzählung beginnt mit einem prägnanten Prolog, der auf den 18. Juli 2013 datiert ist, und endet mit einem Epilog, der am 15. August 2015 verankert ist. Diese zeitliche Struktur wird durch einen mittleren Teil ergänzt, der sich auf die Monate vor diesen entscheidenden Daten konzentriert. Ein zentraler Moment ist der Besuch von Lisette bei Alex und seiner Familie, nur drei Tage nach der Geburt seiner Tochter Frances. Während die gesamte Verwandtschaft am Tisch sitzt und kommuniziert, bleibt Lisette in ihrer eigenen Welt gefangen, was die Kluft zwischen den Erwartungen und der Realität ihrer Beziehung verdeutlicht.

Schulman beschreibt eindrucksvoll die Verwirrung und die Schuldgefühle, die er in dieser Situation empfindet. Seine ambivalente Beziehung zu seiner Mutter wird in kleinen, alltäglichen Szenen deutlich, wie etwa der stillen Konfrontation mit ihrer Unfähigkeit, sich emotional zu öffnen. Diese Dynamik führt zu einem Gefühl der Verantwortung, das Alex als „parentifizierter Sohn“ trägt, was bedeutet, dass er oft die Rolle des Elternteils übernimmt, um Lisette zu unterstützen und zu schützen.

Die Schilderungen des Autors sind von einer bemerkenswerten Klarheit geprägt, während er geschickt zwischen Erinnerungen an die Kindheit und den Herausforderungen des Erwachsenseins wechselt. Die Sucht wird als ständiger Begleiter dargestellt, der die familiäre Idylle zerstört und die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern belastet. Schulman entblättert die Facetten der Dysfunktionalität seiner Familie, während er gleichzeitig die geniale, wenn auch tragische Natur seiner Mutter hervorhebt.

Ein zentraler Aspekt von Lisettes Vergangenheit ist ihre Kindheit, die geprägt ist von transgenerationalen Traumata. Ihre Erzählungen über das Aufwachsen in einem emotional distanzierten Elternhaus und die Erfahrungen, die sie als Kind gemacht hat, fügen eine tiefere Schicht zu ihrem Charakter hinzu. Sie erzählt, wie sie im Alter von neun Jahren auf Capri von ihren Eltern zurückgelassen wurde und in einem Kloster lebte. Diese Geschichten erscheinen surreal, doch sie sind der Schlüssel zum Verständnis ihrer späteren Sucht und ihrer emotionalen Abspaltung.

Schulman gelingt es, die Traurigkeit und die Komplexität der Beziehung zu seiner Mutter mit einer gewissen Leichtigkeit zu verbinden. Die Tragik und die Schönheit ihrer Interaktionen sind oft in einem scharfen Kontrast zueinander, was eine dynamische Erzählweise erzeugt. Während Lisette in der Lage ist, ihre Emotionen zu analysieren und zu reflektieren, bleibt sie gleichzeitig von ihnen distanziert. Diese Distanz zeigt sich in ihrer Fähigkeit, über Kunst und Sprache zu schwebend zu sprechen, während sie sich emotional zurückzieht.

Im Laufe der Erzählung wird deutlich, dass die Sucht nicht nur Lisette betrifft, sondern auch das gesamte Familiengefüge beeinflusst. Die Männer in der Familie sind oft emotional abwesend, und die Dynamik zwischen Lisette und ihrem Ehemann Allan wird zunehmend angespannt. Allan, ein Mann der Struktur und Disziplin, steht in starkem Gegensatz zu Lisettes unberechenbarem Wesen.

Schulmans Erzählung ist nicht nur eine Geschichte über Alkoholismus, sondern auch ein tiefes Eintauchen in die Psyche einer Familie, die unter den Schatten ihrer eigenen Geschichte leidet. Der Autor schafft es, die Komplexität von Liebe, Schmerz und Verantwortung zu erfassen und bietet dem Leser einen ehrlichen und unverblümten Blick auf die Herausforderungen, die mit