Vicki Baum, geboren 1888 in Wien und gestorben 1960 in Los Angeles, zählt zu den bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Weimarer Republik. Ihre Karriere erstreckte sich über verschiedene Genres und formte sich in einer Zeit, die durch politische und soziale Umwälzungen geprägt war. Zunächst als Harfenistin aktiv, fand Baum in den 1920er Jahren ihren Weg zur Literatur, wo sie zahlreiche Erzählungen und Romane verfasste. Darüber hinaus war sie auch journalistisch tätig und arbeitete zeitweise als Redakteurin für den Ullstein Verlag. Ihr literarisches Schaffen und ihre Erfolge sind jüngst in einem neu veröffentlichten Auswahlband zusammengefasst worden, herausgegeben von Julia Bertschik und Veronika Hofeneder.
Besonders prägnant ist ihr 1928 veröffentlichter Roman „stud. chem. Helene Willfüer“, der in der literaturwissenschaftlichen Diskussion eine wichtige Rolle spielt. Ein Jahr später folgte der noch erfolgreichere Roman „Menschen im Hotel“, dessen Auflage in den frühen 1930er Jahren auf bemerkenswerte 100.000 Exemplare anstieg. Diese Erfolge sind nicht zuletzt auf die Verfilmungen ihrer Werke zurückzuführen, die Baum zu einer der ersten Autorinnen machten, die den Übergang zum Film erfolgreich vollzogen. Im Jahr 1932 emigrierte Baum in die USA, wo sie bis zu ihrem Lebensende als Schriftstellerin tätig blieb, auch im Bereich Theater und Film.
Das Thema Hotel, das in vielen ihrer Werke eine zentrale Rolle spielt, zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Schaffen. In ihren Romanen „Hotel Shanghai“ (1939) und „Hotel Berlin“ (1947) zeigt sie, wie sich unterschiedliche Schicksale und Charaktere in einem gemeinsamen Raum begegnen. Insgesamt umfasst ihr literarisches Werk über 30 Romane, was die Herauswahl für die nun erschienenen „Ausgewählten Werke“ nicht leicht machte. Neben den bereits erwähnten Klassikern sind auch Werke wie der Hollywood-Roman „Leben ohne Geheimnis“ (1932) sowie die Exilromane „Marion lebt“ (1942) und „Kautschuk“ (1944) in die Sammlung aufgenommen worden.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Übersetzungen von „Marion lebt“ und „Kautschuk“ in überarbeiteter Form vorliegen. Dies geschah, um sprachliche Konzepte zu vermeiden, die aus heutiger Sicht als problematisch gelten. Während Baum an der deutschen Fassung von „Kautschuk“ mitwirkte, haben die Herausgeberinnen bewusst die amerikanische Erstfassung gewählt, um die Authentizität des Textes zu gewährleisten. Dies wirft allerdings auch die Frage auf, wie historische Konnotationen und rassistische Denkmuster, die möglicherweise in Baum’s Werk vorhanden sind, neu bewertet werden können. Hier steht die Diskussion im Raum, ob und inwieweit eine Korrektur von Begrifflichkeiten eine Umwertung der Figuren und ihrer historischen Kontexte nach sich zieht.
In der Sammlung finden sich auch Erzählungen, die Baum in ihrer Autobiografie erwähnt, die jedoch unter dem Pseudonym ihres damaligen Ehemannes veröffentlicht wurden. Ein interessantes Detail, das zeigt, wie eng ihr Leben und ihre schriftstellerische Identität miteinander verwoben waren. Die Herausgeberinnen haben sich bemüht, eine Auswahl zu präsentieren, die den literarischen Wert von Baums Werk widerspiegelt, auch wenn einige ihrer Texte bereits in anderen Verlagen veröffentlicht wurden.
Ein weiterer Aspekt der Werkauswahl ist die Entscheidung, die Texte in der Form des ersten Buchdrucks zu präsentieren. Dies ist besonders für die Übersetzungen von Bedeutung, da sie den Lesern einen direkten Zugang zur ursprünglichen Intention der Autorin ermöglichen. Auch wenn dies ein gewisses Maß an Anstrengung von den Lesern erfordert, ist es ein Schritt in die richtige Richtung, um Baums literarisches Erbe zu bewahren.
Die Herausgeberinnen bedauern die Marginalisierung Baums im literaturwissenschaftlichen Diskurs und betonen die ästhetischen Qualitäten ihrer Arbeiten. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese Bemühungen um Anerkennung tatsächlich notwendig sind, da die Qualität ihrer Texte für sich selbst spricht. Die vorliegende Auswahl ermöglicht es, die bemerkenswerte Vielfalt und Tiefe von Baums Werk zu entdecken und zu würdigen.
Insgesamt zeigt die Veröffentlichung, dass Vicki Baum keineswegs vergessen ist. Ihre Qualitäten als Autorin sind unbestreitbar, und die rege Zahl an Neuauflagen ihrer Werke in den letzten Jahren bekräftigt ihr literarisches Erbe.






















































