DIE NAHRUNG DER ZUKUNFT

HANS DOMINIK
DIE NAHRUNG DER ZUKUNFT

I.

Unsere Geschichte beginnt am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, und unser Weg führt uns in die Tertia eines Gymnasiums. Es wird gerade eine Stunde Kulturgeschichte abgehalten und heute findet zur Freude der ersten, zum Schrecken der beiden letzten Bänke eine allgemeine Repetition statt.

»Primus, nennen Sie mir die Hauptkulturepochen der Menschheit«, sagte der Ordinarius Doktor Bunsen.

Der Angerufene erhob sich und begann, wie es sich für einen guten Primus ziemt, in fließender Rede: »Wir haben zuerst die Periode der Sammelvölker. Der einzelne sammelt dabei mit den Händen, was er an Pflanzen und Tieren erreichen kann, und das ist im allgemeinen nicht viel. Nur wenige Menschen kann ein großes Land in dieser Zeit ernähren. Es folgt die Periode der Jägervölker, die dem Getier mit Pfeilen und Speeren nachstellen. Soweit Bogenschuß und Steinwurf reichen, gehört ihnen die Welt, und wo früher ein Sammler kärgliche Nahrung fand, da bringen jetzt zehn Jäger reiche Beute mit. Auf die Jäger folgen die Hirten. Bei wachsender Volkszahl wurde die Jagd unsicher. Darum hat man allerlei Getier gezähmt. Man hält es in großen Herden und hat Fleisch in Hülle und Fülle. Aber bei wachsender Herde wird die Weide knapp. Schon Abraham und Lot müssen sich trennen, weil ihre Tiere zusammen nicht Gras genug finden. So kommen wir zwanglos zur vierten Periode, in der man nicht nur Tiere zähmt, sondern auch Nahrungspflanzen gewissermaßen zahm gemacht hat und auf Äckern anbaut. In landwirtschaftlichen Betrieben wird Fleisch und Brot erzeugt und wo vordem ein Jäger sich recht und schlecht, aber meistens nur schlecht durchschlug, da steht jetzt ein Dorf mit hundert Bewohnern. Aus dem wandernden Herdenbesitzer ist der seßhafte Ackerbauer geworden.« »Sehr gut, setzen Sie sich!« unterbrach der Lehrer. »Sekundus, wollen Sie mir die weitere Entwicklung vom Ackerbauvolk aus schildern.«

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