Dunkle Geheimnisse im Gefängnis – John Rebus‘ neuester Fall**

Im neuesten Thriller von Ian Rankin, „Die dunkelste Stunde der Nacht“, wird der Ex-Polizist John Rebus in ein für ihn ungewohntes Umfeld versetzt: das Gefängnis. Dies ist sein fünfundzwanzigstes Abenteuer und gleichzeitig eine Premiere, denn bislang hatte er in seiner Laufbahn nie innerhalb der Gefängnismauern ermitteln müssen. Der Roman eröffnet mit einer dramatischen Wendung: Rebus wird beschuldigt, für den Tod seines langjährigen Erzfeindes, des Gangsterbosses Moritz Gerald Cafferty, verantwortlich zu sein. Nach einem Prozess, in dem ihm Mordversuch vorgeworfen wird, wird er zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt und ins HMP Edinburgh eingewiesen.

Seine Zeit im Gefängnis ist von der ständigen Bedrohung durch andere Insassen geprägt, doch ein weiterer Gangsterboss, Darryl Christie, hat Rebus unter seinen Schutz gestellt. Christie, der ebenfalls in der Anstalt einsitzt, sieht in Rebus eine wertvolle Ressource, die ihm helfen könnte, die Machtverhältnisse im Gefängnis aufrechtzuerhalten. Trotz dieser vermeintlichen Sicherheit bleibt Rebus in einer gefährlichen Lage, die sich weiter zuspitzt, als ein Mord innerhalb des Isolations- und Reintegrationstraktes geschieht. Der Mord an Jackie Simpson, einem weiteren Häftling, geschieht unter mysteriösen Umständen. Trotz der geschlossenen Zellen und der Sicherheitseinrichtungen gelingt es dem Mörder, in die Zelle zu gelangen und Simpson brutal zu töten.

Rankin, der seine Leser seit 1987 an den Abenteuern von John Rebus teilhaben lässt, schafft es in diesem Band, die Gefängnissituation von Rebus nicht als isoliertes Ereignis darzustellen. Vielmehr wird der Roman von den Beziehungen geprägt, die Rebus über die Jahre hinweg aufgebaut hat. Zu diesen Vertrauten gehören Siobhan Clarke, die nun die Nachfolge von Rebus bei der Edinburgher Polizei angetreten hat, und Malcolm Fox, ein ehrgeiziger Ermittler, der mittlerweile beim Scottish Crime Campus tätig ist. Clarke ist eine loyale Verbündete, die sich um Rebus‘ Hund Brillo kümmert und auch eine engere Bindung zu Rebus’ Tochter Sammy und Enkelin Carrie aufgebaut hat.

Der Mord an Simpson zieht die Aufmerksamkeit von Clarke und Fox auf sich, die beide versuchen, die Umstände zu klären. Clarke, die den Ex-Polizisten als Mentor schätzt, hat jedoch Schwierigkeiten mit Rebus‘ unkonventionellen Methoden, die in der heutigen Polizeiarbeit nicht mehr akzeptiert werden. Ihre Gespräche spiegeln den Konflikt zwischen alten und neuen Ermittlungstechniken wider. Fox hingegen verfolgt seine eigenen Interessen und sieht in dem Mord die Möglichkeit, seinen Einfluss in der Polizei zu stärken.

Währenddessen wird Rebus immer mehr in die Ermittlungen verwickelt. Trotz seiner Haftbedingungen und der ständigen Bedrohung durch andere Insassen erkennt er, dass seine Fähigkeiten und sein Wissen in diesem Fall von entscheidender Bedeutung sein könnten. Rankin verknüpft geschickt die verschiedenen Erzählstränge, indem er Rebus’ Situation im Gefängnis mit Clarke und Fox’ Ermittlungen außerhalb verbindet. Diese Verknüpfungen zeigen, dass das Verbrechen nicht an den Gefängnismauern haltmacht und dass dunkle Geschäfte auch im Schatten der Justiz weiter blühen.

Die Erzählweise ist typisch für Rankins Stil: Er schafft es, Spannung und Komplexität in die Handlung einzuflechten, während er gleichzeitig die Charaktere und deren Beziehungen vertieft. „Die dunkelste Stunde der Nacht“ ist mehr als nur ein Gefängnisroman; es ist ein packendes Porträt von Loyalität, Verrat und der unaufhörlichen Suche nach Gerechtigkeit. Am Ende des Buches erhält Rebus eine Nachricht von seinem Anwalt, die Hoffnung auf eine mögliche Wende in seinem Schicksal weckt und die Leser auf eine mögliche Rückkehr in die Freiheit hoffen lässt.

Ian Rankin bleibt mit diesem Werk seinem literarischen Stil treu und bietet eine fesselnde und durchdachte Geschichte, die sowohl alte Fans als auch neue Leser in ihren Bann ziehen wird.